Mittwoch, 6. Juli 2011

Tanz auf dem Regenbogen



SOS!!! Oder auch nicht, denn eigentlich will ich gar nicht gerettet werden!

Überrollt von einer Lawine widersprüchlicher Wahrnehmungen, wedle ich halt einfach mit dem weissen Fähnchen und gebe den Versuch auf, mich rauszuwühlen und irgendwas ordentlich aufzulisten oder zuzuordnen und bitte um Nachsicht für etwaige chronologische Fehler.
Daher stelle ich einfach fest: in Fadys Wunderland ist alles möglich und nichts Standard!

Hatte man beim CSD Auftritt noch den Eindruck, einen frechen, aber liebenswerten Bengel mit durchtrainiertem Körper zu sehen, so erwartete die Fandys bei den eher familiär wirkenden Konzerten im alten Pfandhaus ein beinahe ätherisch anmutender, sensibler Künstler.

Vor seinem Auftritt wurde allerdings erstmal die mit Autogramm versehene Wassermaschinen- pistole vom CSD Auftritt zugunsten von Blessed e.V. unter viel Gelächter versteigert. Meine Wenigkeit hat sich ausnahmsweise in Enthaltsamkeit geübt, mein Garten ist zu gross um vorzugaukeln, das gute Stück könnte zum Sprengen nützlich sein. Der karitative Hintergrund würde meine Familie wohl nicht daran gehindert haben, einen demenzbedingten Rückfall in frühkindliches Verhalten zu befürchten.
Das „ Corpus delicti“ wechselte aber immerhin für stolze 120 Euro den Besitzer.

Dann endlich war es wieder soweit: die Band und ein glücklich strahlender Fady nahmen den Saal „in Besitz“, die Stimmung schwappte augenblicklich hoch, wie eigentlich immer bei „unseren Konzerten“.

Der Abend stand ganz im Zeichen von Partystimmung. Nach ein paar Sprüchen über seine etwas „exklusiv“ anmutenden türkisfarbenen Schuhe („nein, sowas gibt es hier nicht zu kaufen“) die selbstverständlich Ton in Ton zum Hemd passten, eröffnete Fady das Programm mit der Dance Version von „Show me your love“ und heizte dann gleich mit „All summer long“ gehörig ein. Fetzige Titel, wie „Sway, Holding on to water, Supersticious“ oder „I wish“ , die alle zum Mittanzen animierten, wechselten mit etwas gemächlicheren Songs, wie „Amazed, Anytime „ und „Vers les étoiles“. Fady bezeichnete sich scherzhaft als persönlicher Fitness-Trainer seiner „Bad Girls“ , tanzen, sitzen, tanzen….

Das Highlight des Abends war wohl die improvisierte Version von „Into the light“, nicht zuletzt auch dank den hervorragenden Musikern seiner Band, die immer mit ihm harmonieren. Sicher nicht gerade einfach, denn auch hier überrumpelte Fady wieder mit Gegensätzen, hauchzarte, für diesen Song ungewohnt leise Töne, die sich schliesslich immer mehr in eine Demonstration seiner Power-Stimme steigerten, ein Wechselbad der Gefühle, das auch den „emotionalen Kreislauf“ vollends in Schwung brachte.

Natürlich forderte das tobende Publikum eine Zugabe und wurde mit „Some music“ und „Burn“ bedient. Als Gute-Nacht-Lied wurde das schon zur Hymne gekürte „Blessed“ gemeinsam gesungen, allerdings unter heiterkeitsbedingten Anlaufsschwierigkeiten. Schlussendlich verabschiedete Fady ein total aufgekratztes Publikum. Wer hat wohl an diesem Abend schnell Schlaf gefunden?

Ob man sonst Hardcore Fan sein muss, um innert 24 Stunden 3 Konzerte des gleichen Interpreten zu besuchen, kann ich nicht beurteilen, aber bei Fady bestimmt nicht!
Das Publikum erlebt 3 völlig verschiedene Darbietungen und Überraschungen sind immer inklusive!

Das sonntägliche Konzert mit Ricardo am Piano versprach ein besonderer Leckerbissen zu werden und Fady stellte schon mit seiner Begrüssung: „Alle gut geschlafen?“ wieder eine vertraute Atmosphäre her.

Der Einstieg mit „Autum leaves“ , wie immer wunderschön gesungen, entsprach denn auch dem Erwarteten, aber oha! Fady meinte, es falle ihm immer schwer, ernste Titel entsprechend zu interpretieren. „Immer“ entspricht nun nicht ganz meinen sonstigen Wahrnehmungen, aber :„if you say so“!

So folgten denn in erster Linie fröhliche sommerliche Songs, wie „Holding on to water, Not that kind, Kiss, Mercy“ und „Summertime“ hatte diesmal rein gar nichts von südlichem „Lazy-Feeling“ sondern kam sehr schwungvoll daher.

Natürlich kamen auch die Freunde ruhiger Musik keineswegs zu kurz, auch „To let go, Anytime, Perfect, Vers les étoiles“ und „Get here“ sorgten für die gewohnte Abwechslung, aber Fady war der Meinung “Ihr seid so ruhig, heute“ und suggerierte bei „This anchor holds“ wir würden uns auf einem Schiff befinden und alles habe zu schaukeln.

Um den Gegensätzen die Krone aufzusetzen baute er in das sonst eher schwermütige „Cry me a river“ lustige Einlagen ein, etwa ein übertrieben gerolltes „Rrr“ und eine Zeile mit französischem Akzent.

Zu meiner grössten Freude kamen wir wieder in den Genuss von „Caruso“, vielleicht einen Tick weniger intensiv präsentiert als in Berlin. Wer will ihm das verübeln, auch das ist ein trauriges Lied und Fady ist eben immer authentisch. Er mag kein oscarverdächtiger Schauspieler sein, aber seine einzigartige „Echtheit“ empfinde ich als grossen Gewinn in einer oft so „künstlichen „ Welt.

Für die letzte Zugabe „Burn“ erkundigte sich Fady erstmal bei Ric, ob das nur mit Piano überhaupt machbar sei, also wieder eine spontane Entscheidung und ich finde, es war sehr machbar

Fady hat den Begriff „eine neue Farbe“ für ein vielseitiges Repertoire geprägt: vor meinem geistigen Auge zeichnet sich ein Künstler ab, der mit seiner einzigartigen Stimme und seiner aussergewöhnlichen Aura einen schillernden Regenbogen, der trotz seiner gegensätzlichen Farben ein harmonisches Ganzes bildet, in den blauen Himmel pinselt.

Ein warmherziger Mensch, der seine Gäste bei der Hand nimmt und sie mit einem Tanz auf diesem Regenbogen für ein Weilchen in sein emotionsgeladenes Wunderland entführt.

Auf dieser Tanzfläche gibt es keine Standardtänze, sondern viel mehr ein beschwingtes Schweben ohne den üblichen Alltagsballast. Regenbogen sind aber leider auch sehr vergänglich, Ausgangspunkt und Ziel sind von verschiedenen Beobachtungspunkten aus schwer auszumachen.

Deshalb stelle ich mir gern Organisatoren, Band und Fanbase als stabilen Sockel vor, der es dem kreativen Magier ermöglichen soll, darauf immer wieder neue zauberhafte Regenbogen aufzubauen und zum nächsten Tanz einzuladen.

In diesem Sinne meinen herzlichen Dank an alle Beteiligten, es war genial !

(by dreamdancer, Fotos by Gudrun und g. schnoobs)


8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

wie immer warmherzig, liebevoll und witzig geschrieben. ich freu mich immer auf deine berichte, Carmen. danke!
lg Karin

Anonym hat gesagt…

Vielen Dank für den wunderbaren Bericht. Ich werde immer an dieses wunderschöne Wochenende zurück denken.

kea1964

Anonym hat gesagt…

Liebe Carmen,

danke für Deinen wunderbaren Bericht über ein unvergessliches Wochenende, das wir zusammen mit Fady erleben konnten.

Deinen Vergleich mit einem Regenbogen finde ich genial, das trifft es in meinen Augen genau. Fadys Vielseitigkeit macht einen großen Teil der Faszination aus, die mich dazu bringt, seit über drei Jahren seinen Weg zu begleiten.

Liebe Grüße
Hella (stromschlag)

Butterfly27 hat gesagt…

Nicht nur die Konzerte waren genial, sondern auch dein Bericht liebe Dreamdancer. Ein Schmunzeln kann ich mir nicht verkneifen, aber es überfällt mich auch stets ein Hauch von Wehmut, weil die intensiv gelebten u. mit unzähligen positiven Vibrationen gefüllten Stunden immer so schnell der Vergangenheit angehören. Winke von Butterfly27

Inge hat gesagt…

Vielen Dank für den ausführlichen und wunderbaren Bericht.

Anonym hat gesagt…

GENIAL !
Genau das kam mir in den Sinn zu dieser Beschreibung des 3xFady-Erlebnis-Marathons ! Danke, liebe, verehrte Carmen, für diesen Lesegenuss, den ich mir erst heute gegönnt habe und der mir eine Woche nach den Ereignissen richtige Begeisterungs-Herzklopfen verursacht ! Ich hoffe, du besuchst auch Hamburg zu den SUNSET COLOURS ? Denn da könnte ich dich, mit deiner Erlaubnis, einmal von Herzen umarmen .

Alster

Anonym hat gesagt…

Der Bericht ist so wunderschön und treffend beschrieben, danke.. Ich habe selbst alle 3 Konzerte besucht und war wie in Trance.

Tina hat gesagt…

Da schreibt das Fan-Herz :)
Danke für den schönen, emotionalen, warmherzigen Bericht.